Fehlgeburt...eine Geburt, bei der jemand fehlt.

Damit wird dieses irgendwie anonyme Wort zu etwas Spürbarem.. 

Zuerst möchte ich gern sagen: Auch bei einer Fehlgeburt habt ihr das Anrecht auf Unterstützung durch eine Hebamme! Und natürlich auch durch die Frauenärzte, aber das wisst ihr sicher...

Zur Information verlinke ich euch hier ein Informationsblatt von der AWMF, welches ich sehr informativ finde. Viele wichtigen Fakten zum Thema werden hier aufgeführt und gut dargestellt, auch die therapeutischen Optionen!

Sprache macht einen großen Unterschied...

...und diese ist in der Medizin leider häufig nicht sehr einfühlsam. 

Das Wort Fehlgeburt habe ich ja schon kurz erwähnt, mit dem Verständnis der "Geburt, bei der jemand fehlt", benutze ich es gerne. Außerdem weiß dann einfach jeder, wovon man spricht. 

Ein anderer Begriff, den ich selber regelmäßig verwende ist das Wort "Schwangerschaftsgewebe". Damit ist nicht das Kind gemeint, sondern die Gesamtheit dessen, was bei einer Fehlgeburt geboren werden darf oder bei einer Ausschabung herausgeholt wird. Das beinhaltet damit zusätzlich auch Plazenta, Blut und so weiter und ist deshalb ein praktischer Begriff. Zudem ist gerade bei frühen Fehlgeburten häufig gar kein kindlicher Körper zu erkennen, siehe Sternenkinder.

Bei Fehlgeburten ist es üblich zu sagen, "Das Kind wächst nicht mehr." oder "Das Herz schlägt nicht mehr.". Das ist natürlich beides korrekt, aber zugleich auch eine leichte Verniedlichung dessen, was da passiert. Ich finde es sehr wichtig, achtsam und behutsam die Nachricht zu übermitteln. Da mag es irritierend sein, davon zu sprechen, dass das Kind "gestorben" ist - und doch ist es die Wahrheit und gibt meiner Empfindung nach dem ganzen Geschehen wie auch dem kleinen Menschen, der da gegangen ist, eine andere Realität - eine, die es wert ist, betrauert zu werden. 

Über Gefühle

Ich möchte an dieser Stelle nicht schreiben „Du machst gerade die schlimmste Erfahrung deines Lebens durch“ oder Ähnliches - denn das weiß ich nicht. Für viele Frauen und Männer ist es so - für andere aber auch nicht. Die Menschen und Situationen sind so unterschiedlich, dass es keine richtigen oder falschen Gefühle und erst recht keine immer gleichen Gefühle gibt.

Alles kann und darf sein: Trauer, Wut, Hoffnungslosigkeit genauso wie Scham oder Schuldgefühle, oder auch Gefühle von Liebe oder Erleichterung. Diese Aufzählung ist bei weitem nicht vollständig.

Auch eine Gleichzeitigkeit verschiedener klarer Gefühle oder ein wirres Wollknäuel von scheinbar nicht zueinander Passendem sind häufig.

Außerdem sind wir meistens nicht allein: Beide Eltern haben unterschiedliche Gefühle und unterscheiden sich in der Art, mit dem Ereignis umzugehen - und auch im Tempo! Manchmal ist in einem Moment auch einfach alles zu viel und die Verarbeitung braucht noch mehr Zeit.

Das Einzige, wovon ich abraten würde, ist zu glauben, man könne die Gefühle auf Dauer beiseite schieben. Denn gerade starke Emotionen wie Wut oder Trauer und auch im Speziellen Schuldgefühle verschwinden nicht, nur weil man sie nicht zulässt, sondern suchen sich häufig irgendwann einen anderen Weg, um rauszukommen. Und außerdem: Holt euch Hilfe, redet mit anderen, schaut was euch gut tut!

Die Begegnung mit anderen Menschen

Bei einer Fehlgeburt sind häufig noch weitere Menschen beteiligt: die werdenden Großeltern, die werdenden Geschwister und andere Menschen aus dem Umfeld des Elternpaares. Ich hoffe, ihr habt viele Menschen um euch, die euch eine Hilfe sein können! Und ich hoffe auch, dass ihr nur tröstende Begegnungen mit anderen Menschen habt oder es euch zumindest gelingt, die "anderen" Begegnungen nicht persönlich zu nehmen!

Zum Umgang mit Erwachsenen:

Wichtig zu bedenken finde ich, dass die Themen Tod und Trauer in unserer Gesellschaft häufig Tabuthemen sind und viele Menschen nicht wissen, wie sie hiermit gut umgehen können. So beschreiben viele Betroffene, dass sie von anderen Menschen gut gemeinte, aber verletztende Aussagen hören, wie "Das war sicher besser so." oder "Du hast doch schon 2 Kinder." und ähnliches. Andere berichten, dass Menschen ihnen aus dem Weg gehen oder das Thema vermeiden.

Wichtig ist hier sowohl, gut auf sich selber zu achten und  - je nach Situation - die eigene Betroffenheit zu zeigen oder Grenzen zu ziehen, als auch nachsichtig mit dem Gegenüber zu sein bzw. die Reaktionen nicht persönlich zu nehmen, denn viele Menschen wissen nicht anders mit der Situation umzugehen.

Zum Umgang mit den Geschwistern des Sternenkinds:

An dieser Stelle möchte ich keine allzu pauschalen Antworten geben, denn natürlich ist die Situation bei einem Jugendlichen anders als bei einem ganz kleinen Kind. Grundsätzlich können (gerade kleine) Kinder häufig sehr viel besser mit dem Thema Tod umgehen als wir Großen. Außerdem sind Kinder häufig sehr spürig, was die Emotionen ihrer Eltern angeht - sie nehmen genau wahr, wenn etwas los ist, aber können es natürlich nicht immer deuten, vor allem dann, wenn man nicht mit ihnen spricht.

Daher ist häufig Offenheit und Ehrlichkeit, zusammen mit einer liebevollen Begleitung, der richtige Weg.